Microsoft Cortex – Knowledge Management für Kanzleien und Rechtsabteilungen?

Die diesjährigen Hauptkonferenz von Microsoft „Ignite“ zu den Themen Azure, Office/Microsoft 365, Office, Yammer, Teams fand vom 4.-8. November mit über 25.000 (!) Teilnehmern in Orlando statt. 
In einer Vielzahl von Vorträgen und Keynotes wurde gezeigt, welche Neuheiten das Unternehmen für seine Cloudprodukte und Services rund um Azure und Office 365 ab sofort oder in naher Zukunft bereitstellen wird. 
 
Eine der überraschendsten Ankündigungen war das erstmalig einem breiten Publikum vorgestellte Projekt “Cortex”, die Lösung von Microsoft für cloudbasiertes unternehmensweites Knowledge Management auf Basis der Office 365 Plattform, bei welcher -selbstverständlich- auch KI stark zum Einsatz kommen wird.“

Was ist das Besondere an “Cortex”?

Der Service von Microsoft soll besonders in folgenden Bereichen  die Wissenverwaltung innerhalb von Unternehmen  verbessern, nach Ansicht von Microsoft „revolutionieren“:
 
  • Automatisches Auffinden von relevanten Informationen 
  • Automatische Verschlagwortung, Gruppierung und Kategorisierung der gefundenen Inhalte
  • Thematisches Clustering und Abbildung von Relationen zwischen allen Inhalten
  • Vereinfachung der manuellen Korrektur und Anpassung bezüglich der automatisch durchgeführten „Inhaltsveredelungen“

Wie soll das in der Praxis aussehen?

Bislang sind noch nicht alle Details von Cortex bekannt (eine produktive Version ist für Mitte 2020 terminiert), auch wurden noch keinerlei Informationen seitens von Microsoft veröffentlicht, ob dieser Service kostenloser Bestandteil von Office 365 sein wird -wie zB Teams- oder ob für die Nutzung kostenpflichtige Zusatzmodule erworben werden müssen, was aber auf der Ignite vorgestellt und erläutert wurde, lassen mE folgende erste Erkenntnisse zur Funktionalität von Cortex zu:

Kernfunktionalitäten von Projekt "Cortex"

  • Cortex greift auf alle vorhandenen Inhalte einer Office 365 Instanz des Unternehmens zu und versucht mittels KI Technologien soviel wie möglich über den Content „herauszubekommen“ (unsupervised learning). Danach werden die Informationen “getagt”, gruppiert und zueinander in Relation gesetzt.
  • Funktionell stützt sich Cortex auf ua Microsoft Graph und die Office 365 Searchengine. Dies finde ich besonders interessant, da Microsoft in diesem Kontext eine noch umfangreichere Einbindung von (eigenen) Inhalten außerhalb von Office 365 in die genannten Techniken auf der Ignite angekündigt hat und somit in die „Knowledge-Power“ von Cortex auch eigene Datenbankinformationen aus bereits vorhandenen Systemen integriert werden könnten.
  • Der User soll, unter Berücksichtigung seiner Zugriffsrechte, Wissensinformationen aus Cortex in allen Office 365 Applikationen (Outlook, Word, Excel, Teams) angezeigt bekommen und kann diese ggf. direkt aus der Office-Anwendung heraus aufrufen. 
  • Jeder Benutzer hat Zugriff auf sein persönliches Knowledge Center, dessen Ansicht (ebenfalls entsprechende Berechtigungen vorausgesetzt) individuell angepasst, und um zusätzliche Informationsbereiche in Form von Webparts erweitern werden kann.
  • Es gibt auch einen zentralen Knowledge-Management-Bereich, der von Cortex in Form einer Art Wikipage automatisch erstellt ist. Es wird auch hier durch  möglich sein, das Seitenlayout und die angezeigten Inhalte anzupassen.
  • Mit Hilfe des Tools „AI Builder“ aus der Powerplattform von Microsoft können die KI-Fähigkeiten von Cortex ohne Codierung individuell für das Unternehmen erweitert werden, um z.B. eine Extraktion von Informationen aus bestimmten Dokumenttypen, wie Rechnungen oder Formulare, zu verbessern, damit Cortex diese Daten besser auswerten, kategorieren und gruppieren kann. 

Weitere Informationen

Um einen ersten Eindruck über die Fähigkeiten von Cortex zu bekommen, empfehle ich folgende Aufzeichnungen von der Ignite 2019:

Project Cortex: What’s new and what’s next
 
Introducing new knowledge services with Project Cortex
 
Introducing new content capture and process automation services with Project Cortex
Es besteht auch die Möglichkeit, sich bei Microsoft zur Teilnahme an der nichtöffentlichen Preview anzumelden. Die Registrierung findet sich auf der Webseite (verbunden mit zahlreichen weiteren Informationen über das Projekt)

Zusammenfassung

Ich bin sehr auf die ersten Praxistests von Cortex gespannt. Sollte dieser Service wirklich die vorgestellten Funktionen -wie präsentiert- auch für deutschsprachige Inhalte leisten können, so würde dies zu einer erheblichen Verbesserung des internen Wissensmanagement führen und (endlich) auch kleinere Einheiten dazu befähigen, ihr Know-How personenunabhängig abzurufen und zu speichern.

Cortex eine Option für Kanzleien und Rechtsabteilungen?

Könnte diese Technologie auch für Kanzleien und Rechtsabtelungen interessant sein?
Auf jeden Fall!
Was ist mit der Datensicherheit?
Zum jetzigen Zeitpunkt können darüber noch keine belastbare Beurteilungen abgegeben werden. Sollten aber die KI-Modelle und die generierten Metadaten, ebenso wie die auf der Plattform abgelegten Inhalte, innerhalb der „eigenen“ Office 365 Instanz verbleiben und diese in Deutschland allein gehostet sein (was spätestens  ab Mitte 2020 möglich sein soll) so bestehen gute Chancen, dass Cortex auch im Rechtsmarkt Anwendung finden kann. 
 
Ein interessanter Ansatz ist dieses Projekt auf jeden Fall.

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